SF-2012-EHEC: Wenn mikrobielle Evolution auf die Spitze getrieben wird
Prof. Dr. Gerhard Gottschalk,
Institut für Mikrobiologie und Genetik der Universität Göttingen
Mikrobielle Evolution ist etwas besonderes, sie ist im Vergleich zur Evolution der Pflanzen und Tiere atemberaubend schnell. Das hängt damit zusammen, dass sich unvorstellbar viele Mikroben auf unserem Planeten tummeln. Es sind etwa 5 x 1030 Zellen. Zum Vergleich: Im Universum gibt es 1022 Sterne. Entsprechend riesig ist der mikrobielle Genpool, also die Summe aller Gene der Mikroben. Dieser Genpool ist ständig in Bewegung. Gene werden durch Mutation verändert, mikrobielle DNA liegt in der Natur überall herum. Sie wird aufgenommen, auf Nützlichkeit „geprüft“ und so entstehen ständig neue Varianten von Mikroben. Diese haben für ihre Entstehung und Verbreitung heute viel bessere Möglichkeiten als noch vor 100 Jahren. Es gibt viel mehr Menschen und Nutztiere und damit mehr dicht von Mikroben besiedelte Verdauungstrakte, es gibt Kläranlagen, Biotonnen, mit Antibiotika kontaminierte Abwässer der Krankenhäuser und Chemieabwässer. Alle diese Bedingungen erzeugen Selektionsdruck und treiben die mikrobielle Evolution in neue Richtungen. EHEC, der besonders krank machende Escherichia coli, hervorgegangen aus unserem harmlosen Darmbakterium, ist dafür ein bedrückendes Beispiel.